Freitag, 30. Dezember 2011

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Gulasch

500 g Schweinefleisch, zum Beispiel Schweinenacken
500 g Rindfleisch, zum Beispiel Schmorrbraten
6 – 8 Zwiebeln
2 Stangen Lauch
5 – 6 Knoblauchzehen
300 ml Marsala oder trockenen Rotwein
300 ml Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer,  Rosenpaprika (scharf), Paprikapulver (mild)
2 EL Aivar (Paprikapaste), je nach Geschmack mild oder scharf
Butterschmalz zum Anbraten

Schweinefleisch und Rindfleisch in bißgerechte Würfel schneiden.
Zwiebeln und Lauch in feine Würfelchen schneiden. Knoblauch sehr fein schneiden*.
Butterschmalz in einem großen Topf heiß werden lassen, das Schweinefleisch darin von allen Seiten kurz und scharf anbraten. Schweinefleisch aus dem Topf nehmen, beiseite stellen. Jetzt das Rindfleisch anbraten, ebenfalls aus dem Topf nehmen und beiseite stellen. Zwiebeln, Lauch und Knoblauch in den Topf, glasig werden lassen. Mit dem Marsala ablöschen und den Satz im Topf loskochen, mit Gemüsebrühe auffüllen. Nun kommen das Rind- und Schweinefleisch wieder in den Topf.
Mit Salz, Pfeffer, Paprika und Aivar würzen und abschmecken. Wer’s noch schärfer mag, kann mit Chili oder einem Schuss Tabasco-Sauce nachhelfen.
Ungefähr zwei Stunden bei kleiner Flamme köcheln lassen, dabei immer wieder umrühren.




* Ich gestehe, dass ich den Knoblauch früher immer durch die Presse gedrückt habe. Inzwischen habe ich mir aber von meinem Professor sagen lassen, dass dabei zu viele von den ätherischen Ölen verloren gehen. Herr Schuhbeck bestätigt ihn darin – und auch wenn ich den nicht sonderlich mag: Kochen kann er.

Sonntag, 25. Dezember 2011

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Schwäbischer Festtagsbraten

Sollten Sie kalorienarme, supergesunde Rezepte suchen, sind Sie bei mir falsch. Ich mag’s – zumindest manchmal – deftig. Und zu meinen absoluten Lieblingsgerichten gehört Braten mit einer schönen Sauce und Knödel.

Falls Ihnen auch mal danach ist: Hier kommt das Rezept.

Man nehme:

1000 g Schweinehals am Stück
1000 g Rinderschmorbraten
½ Sellerieknolle
4 Zwiebel
1 Stange Lauch
3 Karotten
4 Knoblauchzehen
300 ml trockenen Sherry
500 ml Gemüsebrühe
200 ml Creme Fraiche
Salz, Pfeffer, Rosenpaprika
10 Körner grüner Pfeffer*
Einen kräftigen Schuss Worcestershire-Sauce
Saucenbinder für dunkle Saucen
Butterschmalz zum Anbraten


Schweinehals und Rinderbraten mit Salz, Pfeffer und Rosenpaprika einreiben, im heißen Butterschmalz rundum anbraten und beiseite stellen. Den Bratensatz in der Pfanne mit dem Sherry ablöschen, aufkochen lassen, bis sich alles aus der Pfanne gelöst hat.
Sellerie, Zwiebeln, Lauch und Karotten in kleine Stücke schneiden, die Knoblauchzehen schälen und teilen. Alles in Butterschmalz andünsten, bis die Zwiebeln und der Lauch glasig werden.
Nun kommen Schweinehals, Rinderbraten und das Gemüse in eine große Kachel, dazu den Sherry und die heiße Gemüsebrühe angießen, bis die Braten bedeckt sind.
Mit Deckel im vorgeheizten Backofen bei 160° C circa drei Stunden schmoren. Dann Deckel abnehmen und noch einmal eine halbe Stunde schmoren lassen. Dabei kocht die Sauce ein wenig ein.
Braten aus dem Rohr nehmen, die Braten aus dem Sud nehmen, warmstellen.
Der Sud wird nun durch ein Sieb gegossen, der Bratensaft wird mit dem grünen Pfeffer und der Worcestershire-Sauce gewürzt und mit Saucenbinder nach Geschmack gebunden. Anschließend wird auf kleiner Flamme die Creme Fraiche löffelweise eingerührt.

Wir servieren das Ganze dann mit Semmel- oder Serviettenknödeln und Apfel-Rotkohl oder Buttergemüse.

  

* Grünen Pfeffer gibt’s meist in Salzlake eingelegt. Ich mag ihn lieber in Cognac (beziehungsweise Weinbrand – dafür tut’s auch Chantre). Also kippe ich direkt nach dem Kauf die Salzlake weg, wasche den grünen Pfeffer in klarem Wasser, packe ihn dann wieder ins Glas und fülle mit Cognac auf, so dass der grüne Pfeffer ganz bedeckt ist. Im Kühlschrank hält er so bis zu acht Wochen.
Grünen Pfeffer sollte man übrigens, bevor man ihn zum Beispiel in eine Sauce wirft, zerdrücken – nur dann entwickelt er seinen Geschmack. Und übrigens schmeckt grüner Pfeffer auch supergut in einem schön reifen, milden Camembert. 

Freitag, 23. Dezember 2011

Ratschläge sind auch Schläge ...

Ach, wie sehr liebe ich es, wenn irgendwelche Leute nur „mein Bestes“ wollen und mich zu diesem Behuf ungefragt mit dem, was sie für „gute Ratschläge“ halten, überschütten! Das beginnt bei jener Bekannten, die ihre Berufung offenkundig darin sieht, aus ihrer Diabetes einen Fulltime-Job und aus meiner einen Consulting-Auftrag im Umfang einer Konzern-Sanierung zu machen; das geht weiter mit Madame Oberschlau im Reitstall, die zu jeder Krankheit – ob sie nun Ross oder Reiter betrifft – die passenden Bachblütchen oder Heilpraktiker hat und gipfelte heute in einer Zufallsbekanntschaft an der Kasse des Supermarkts.

Ich muss zugeben, dass ich mir die Langeweile beim Warten dort auch gerne damit vertreibe, anderer Leute Einkäufe im Hinblick darauf, was es bei denen wohl zu essen gibt, anzugucken. Und ja, ich habe auch schon diverse Male gedacht: „Hmm – Dosenfutter und Fertigpizza! Und wenn du der Familie mal was ganz gutes gönnen willst, holst du wohl einen Hamburger bei McDoof?“ Aber ich behalte meine Meinung im Allgemeinen für mich.

Die Dame, die heute hinter mir stand, hat das nicht getan. Sie studierte interessiert den Inhalt meines Einkaufswagens und als ich dann – nach einem halben Dutzend Tüten Tropi-Frutti von Haribo, drei Packungen Butterkeks und drei Tafeln Vollmilch-Schokolade – auch noch einen dicken, fetten Schweinebraten aufs Band packte, hielt es Madame nicht länger. Schmallippig teilte sie mir mit, dass Schweinebraten aber doch wirklich zu fett sei! Dabei guckte sie übrigens nicht mehr auf den Schweinebraten, sondern demonstrativ auf meine Wampe.

Ja, ich gebe zu: Ich bin ein Ühu. Mein Körpergewicht und mein Taillenumfang liegen über hundert. Ich vermute, dass mein IQ ebenfalls darüber liegt, aber das  sieht man mir nicht an – weswegen sich die Dame an der Kasse wohl auch veranlasst fühlte, mir einen kostenlosen Crashkurs in Ernährungslehre zu verpassen, der damit begann, dass Schweinebraten zu fett ist, man Creme Fraiche (da hatte ich auch einen Becher voll im Wagen) durch Magermilch ersetzen kann und es überhaupt empfehlenswert wäre, sich „ausgewogen und kalorienarm“ zu ernähren, speziell, wenn man – an dieser Stelle dann wieder ein Blick auf meine nicht vorhandene Taille – Gewichtsprobleme hätte.

Mei, mei, darauf wäre ich nie gekommen! Man sieht es mir ja schon von weitem an: Ich bin ein Moppel. Und als solcher hebe ich meinen Hintern nur vom Sofa, um zwecks Nachschubbeschaffung in den nächsten Supermarkt zu watscheln, wo ich sodann Tonnen von Chips, Gummibärchen, Schokolade, fetten Schweinebraten, Creme Fraiche und Fritten kaufe. Kaum wieder auf meinem Sofa zuhause angekommen, schaufle ich alles in mich rein und spüle dann mit drei, vier Liter Coke nach. Meine einzige Körperertüchtigung besteht darin, dem Pizzaboten die Tür zu öffnen und meine Fortbildung zum Thema „Ernährung“ im Studium von Menükarten (wobei mich natürlich immer ganz besonders interessiert, ob man die Pizza auch mit zusätzlich Käse im Rand kriegen kann).

Dazu habe ich übrigens eine masochistische Ader. Wie anders wäre es denn zu erklären, dass ich mich im Supermarkt schräg von der Seite anquatschen und im Krankenhaus ungefragt auf 600 Kalorien-Diät setzen lasse? Der Chefarzt in besagtem Krankenhaus hat’s ja auf den Punkt gebracht: Ich bräuchte nur ein „bisschen Disziplin“, dann wäre ich mein Übergewicht im Husch los! So einfach ist das! Ein „bisschen Disziplin“ und dann vielleicht noch eine kleine „Ernährungsumstellung“ …

„Ernährungsumstellung“ ist ja offensichtlich das Zauberwort! Neulich habe ich zum Beispiel gelesen, dass eine Lady im Norden gut 50 Kilogramm Übergewicht alleine dadurch losgeworden ist, dass sie konsequent das Fett in ihrer Ernährung weggelassen hat. Und das ist ja so einfach! Statt Schweinebraten fettlos gebratenes Putenschnitzel, statt feinem Buttergemüse gedünstetes und den Salat machen wir künftig am besten gar nicht mehr an. Der kleine, geschmackliche Unterschied – also, den sollte man mit ein „bisschen Disziplin“ schon aushalten, nicht?

Wissen Sie was? Wenn ich wüsste, dass ich nur mal konsequent für einige Monate „Disziplin“ aufbringen und auf gewisse Genüsse verzichten müsste, um dann nicht mehr von der Seite angequatscht oder dumm angeguckt zu werden, täte ich es. Das Dumme ist aber, dass ich meinen Körper und die neueste Ernährungsforschung kenne. Ich weiß, dass ich ein Leben lang hungern und mir alles, was auch nur einigermaßen schmeckt, verkneifen müsste, um auch nur „Normalgewicht“ – von Ideal will ich ja gar nicht reden! – zu halten! Ich habe nämlich leider, leider bei der Genlotterie eine Niete gezogen: Viermal wohlbeleibte Großeltern; eine Mutter, die ihr Leben lang gegen Übergewicht gekämpft hat und einen Vater, der früher auch ein ganz strammes Bäuchlein spazieren trug. Wenn ich ein Pferd wäre, würde man mich als „gute Futterverwerterin“ loben. Mein Körper schafft es nämlich, auch aus relativ kleinen Portionen sehr viele Nährstoffe herauszuziehen und Fettpölsterchen anzulegen. Ich wäre für Notzeiten optimal ausgerüstet.

Aber dummerweise findet bei uns die Not nur noch in den Köpfen derer statt, die stolz auf ihr „Idealgewicht“ sind – und denen dabei gar nicht die Idee kommt, dass sie ihre 36er Zwetschen-Ärschchen weniger ihrer „Disziplin“ beim Essen als ihrer Genetik zu verdanken haben! Doch andererseits vermute ich, dass die Dame, die mir da heute in den Einkaufswagen geguckt hat, nicht eben viel Spaß beim Essen hat. Also gönne ich ihr wenigstens den, heute einen guten Ratschlag ausgeteilt zu haben.

Bei uns gibt’s aber morgen dennoch Schweinebraten. Mit Creme Fraiche Sauce. Und Knödeln für mich. Zwei sogar – dick und flauschig. Und danach gönne ich mir noch ein paar von den wundervollen Weihnachtsgutsle, die mir meine Freundin Eva letztes Wochenende geschenkt hat. Ich bin ein Moppel und ich bleibe es.

Nur die Chips lasse ich aus. Die mag ich nämlich nicht – ebenso wenig wie die Gummibärchen und Butterkekse. Die Ladung war nämlich für meinen inzwischen sehr mageren Herrn Papa bestimmt, der damit immer die Eintopfphasen in seinem Altersheim überbrückt. Und sollten Sie das nächste Mal den Einkaufswagen vor sich studieren: Nicht alles, was jemand zur Kasse fährt und bezahlt, landet auch schon in seinem Magen!

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Schwäbische Fleischküchle

Nachdem ich hier tagelang nur rumgemeckert habe, soll’s jetzt mal wieder konstruktiv werden. Also begebe ich mich in meine virtuelle Küche, binde mir die Schürze um und verbreite Chaos. ;)

Es gibt Fleischküchle – so nennt man das, wozu die Berliner „Bulette“ und die Freunde aus Österreich „Fleischpflanzerl“ sagen. Und weil man Fleischküchle am nächsten Tag auch kalt essen kann, gibt’s gleich eine Menge davon.

Der Einkaufszettel:

1000 g gemischtes Hackfleisch
2 alte Brötchen (haben wir nicht, kriegen wir auch nicht wieder rein? Passiert uns öfter, weil der Professor die alten Brötchen immer ganz schnell an seine Hunde oder die Pferdis verfüttert. Dann ist ersatzweise Knödelbrot dran).
2 Eier
4 kleine oder zwei große Zwiebeln (ich mag am liebsten Gemüsezwiebel, die sind gut zu verarbeiten und mild im Geschmack)
1 Stange Lauch
1 - 2 Knoblauchzehen
1 Bund glatte Petersilie
Salz
Pfeffer aus der Mühle
Rosmarin*
1 Schuss Worcestershire Sauce (kann man nehmen, muss man aber nicht)
1 Prise Zucker**
Butterschmalz oder hocherhitzbares Öl (zum Beispiel Sonnenblumen- oder Erdnussöl) zum Anbraten


Brötchen in Wasser einweichen und ausdrücken.
Zwiebeln, Knoblauch und Lauch in feine Stücke schneiden, in der Pfanne zusammen mit den fein gehackten Kräutern glasig werden lassen.***
Brötchen zerbröseln, mit Hackfleisch, Eiern, Zwiebeln, Lauch und den Gewürzen zu einem Teig verarbeiten.
Fett in der Pfanne erhitzen, mit nassen Händen (dann pappt’s weniger) Teigbällchen formen, in die Pfanne setzen und flachdrücken. Von beiden Seiten knusprig braun braten.

Als Variante, die ich sehr mag: Vor dem Braten ein bisschen gewürfelten Schafskäse in die Mitte des Teigbällchens packen. Der Käse schmilzt beim Backen – und so kommen griechische Fleischküchle raus, die ich absolut yummy finde!



* Rosmarin, die erste: Ich liebe Rosmarin, aber ich bin nicht scharf darauf, in meinem Essen auf seine Nadeln zu treffen. Daher kaufe ich entweder bei einem meiner Gewürzhändler oder von Fuchs den gemahlenen Rosmarin. Und davon landet bei mir ein Hauch an fast jedem Fleisch, das ich anbrate.

** Das Rezept stammt laut der Familienlegende von meiner Oma väterlicherseits. Die war Bäckerstochter, hat dann Köchin gelernt und war vor ihrer Ehe mit meinem Großvater Herrschaftsköchin. Von ihr hat dann meine Mutter die Küchenweisheit gelernt, dass an jedes süße Gericht eine kleine Prise Salz und an jedes herzhafte Gericht eine kleine Prise Zucker zum Abrunden gehört.

*** Die Zwiebeln und den Lauch vor der Verarbeitung anzudämpfen, macht absolut Sinn. Wirft man das Zeug nämlich roh in den Teig, hat man nachher außen am Fleischküchle bittere und innen halbrohe Zwiebel.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

10 Deutsche, von denen ich in 2012 gerne weniger sehen und hören würde

Das Jahresende nähert sich in riesigen Schritten (mei, ist das eine schöne Klischeeformulierung! Als ob das Jahresende laufen könnte!), da ist es mal wieder Zeit, kleinere und größere Bilanzen zu ziehen. Weil mir da aber immer der alte Stephan Sulke Song einfällt, nach dem ihm beim Blick in den Spiegel „furchtbar übel“ wurde und auch der ins Portemonnaie der „Seele furchtbar weh“ tat, verzichte ich da lieber aufs persönliche und gedenke statt dessen der 10 Deutschen, die ich, wenn sie im neuen Jahr nicht gar so oft durch die Medien geistern würden, bestimmt nicht vermissen würde.

Meine absolute Nummer 1 auf dieser Liste ist Christian Wulff, zu meinem Bedauern – und das nicht erst seit seiner jüngsten Affäre - unser Bundespräsident. Als Deutsche, die doch einiges ihrer Zeit im Ausland zubringt, wünsche ich mir natürlich, dass unser Land durch eine Persönlichkeit repräsentiert wird – und ich fand mich diesbezüglich des öfteren ganz gut bedient. Auch wenn die meisten Bundespräsidenten, an die ich mich erinnere, nicht unbedingt meine politischen Ansichten vertraten – Richard von Weizsäcker habe ich dennoch geschätzt; Roman Herzog hat mir, auch wenn ich nicht in allem mit ihm einverstanden war, durch sein Rückgrat imponiert und Horst Köhler fand ich vor seinem beleidigten Abgang durchaus sympathisch.
Christian Wulff hingegen – nein, sorry, der war mir immer peinlich. Für mich ist er die perfekte Verkörperung deutschen Spießertums mit einer nicht gerade sympathischen Zugabe aus dem Yuppie-Fach. Sollte er je Profil gehabt haben – für mich sah’s immer aus als ob er es schon als Funktionär in der Jungen Union an den Darmwänden diverser Polit-Größen abgeschliffen hätte. Mittelmäßigkeit scheint sein Prinzip zu sein und Aussitzen können seine bevorzugte Qualität.
Soviel ich weiß, schwört der Bundespräsident beim Amtsantritt, Deutschland nicht zu schaden. Daher wäre es meiner Ansicht nach jetzt Zeit, dass Herr Wulff zurücktritt. Falls er es noch nicht gemerkt haben sollte: Das „B“ in „BRD“ steht nicht für „Bananen“!

Bereits zurückgetreten ist meine Nummer 2, der neuerdings zwar nicht mehr gegelte, aber immer noch sehr von sich überzeugte Freiherr von und zu Guttenberg mit den vielen Vornamen. Ihm kann man immerhin attestieren, dass er die deutsche Sprache um ein Verb bereichert hat: Guttenbergen. Ich bin neulich mal Straßenbahn gefahren und da hörte ich, wie eine Schülerin einem Freund versprach, etwas später auf seine Party zu kommen. Sie müsse nur erst ihre Hausaufgaben „guttenbergen“.
Es war schon peinlich genug, dass der Freiherr versuchte, den Diebstahl geistigen Eigentums als Kavaliersdelikt darzustellen, doch dass er nun, nur acht Monate nach seinem Rücktritt, meint, sich mit einem eilig zusammen gestoppelten Buch wieder ins politische Rampenlicht schieben zu müssen, beweist nur zu deutlich, dass er nichts begriffen hat und immer noch der Meinung ist, dass es ohne ihn nicht geht. Vor allem aber scheint er, obgleich auf dem Land aufgewachsen, nicht sehr viel von Landwirtschaft zu verstehen. Sonst würde er nämlich wissen, dass es doch auf einer umgepflügten Geilstelle länger als acht Monate braucht, bis das Gras darauf so hoch gewachsen ist, dass man den Untergrund nicht mehr erkennt.

Wenn wir schon bei Herren namens „Karl“ sind, komme ich nicht umhin, Herrn Karl Lagerfeld den dritten Platz in meiner Liste der peinlichsten Deutschen einzuräumen. Während er mir früher nur seine Arroganz und die latente Frauenfeindlichkeit – oder wie anders sollte man es nennen, dass er Frauen immer auf ihr Aussehen reduziert hat? – negativ auffiel, kann ich ihm mittlerweile auch noch „Stillosigkeit“ bescheinigen. Als solche empfinde ich es nämlich, dass der Herr Karl offenkundig ein Problem damit hat, in Würde zu altern. Stattdessen wird das weiße Haar zum neckischen Zöpfchen im Nacken gebunden – und dass es weiß ist, liegt wahrscheinlich nur daran, dass er immerhin historisch beschlagen genug ist, an Bildern aus dem Rokoko erkannt zu haben, dass weiße Haare das Gesicht darunter jugendlich erscheinen lassen -, die Altersflecken auf den Händen werden mit seltsamen Handschuhen und xundzwanzig Ringe verborgen, das wahrscheinlich faltige Hinterteil in knallenge Höschen gezwängt (Hauptsache, die Hasenpfote findet auch noch Platz) und der Schildkrötenhals durch hohe Kragen getarnt.
Was mich angeht: Je weniger ich im neuen Jahr von ihm höre und sehe, desto besser!

Auf dem vierten Platz meiner Nicht-Ehrenliste tritt eine Dame auf: Veronica Ferres, unsere Möchtegern-Großschauspielerin. Ihr Talent besteht vorwiegend darin, mit wogenden Brüsten und immer gleichem Gesichtsausdruck durch Filme zu rennen, die sich um Anspruch bemühen, ihn meist aber knapp verfehlen. Allerdings scheinen solche Filme in letzter Zeit knapp geworden zu sein, weswegen man Frau Ferres nun öfter im weitausgeschnittenen Abendkleid an der Seite ihres Lebensgefährten Carsten Marschmeyer (ein Herr mit erstaunlich hoher Trefferquote bei Google, wobei nicht wenige Berichte über ihn sehr kritisch über sein Finanzimperium berichten) repräsentiert als vor der Kamera ihr Holz vor der Hütte zu präsentieren. Was mich angeht, wäre ich nicht unglücklich darüber, wenn sie sich mitsamt Herrn Marschmeyer für eine Weile auf eine hübsche, warme Sonneninsel möglichst weit weg begeben würde.

Auf Mallorca soll bereits meine Nummer fünf weilen: Das „Vollweib“ Christine Neubauer, im deutschen Fernsehen so unvermeidlich wie die Rama-Werbung. Wo immer die patente Tierärztin, kämpferische Anwältin, engagierte Mutter, liebende Buchhändlerin, leidende Journalistin gefragt ist: Christine Neubauer spielt sie und erfreut ihr Publikum dabei durch ihre Berechenbarkeit. Wo Neubauer draufsteht, ist immer auch Neubauer drin: Talentfrei, mit vollem Körpereinsatz und der Wandelbarkeit einer Barbiepuppe. Angeblich will sie künftig weniger durchs deutsche Fernsehen vollweiben und sich mehr um ihr Privatleben kümmern. Ich beglückwünsche sie dazu und hoffe auf ein weitgehend Neubauer-freies 2012.

Bleiben wir bei den Damen aus dem darstellenden Gewerbe: Auf Platz sechs rangiert bei mir – knapp abgeschlagen – Frau Iris Berben. Ihr muss man immerhin zugestehen, dass sie zwei Gesichtsausdrücke mehr hat als die Damen Neubauer und Ferres und damit schon fast als Schauspielerin durchgehen könnte. Ebenso gestehe ich ihr zu, dass sie in jüngeren Jahren einmal eine wirklich schöne Frau war. Doch heute ist sie mit ihren ständigen Verkündigungen, dass  sie ihr jugendliches Aussehen nur Mineralwasser, gesunder Ernährung und guten Genen verdankt, peinlich. Wahrscheinlich kichert ein gewisser Dr. M. am Bodensee immer leise in sich hinein, wenn Frau Berben wieder einmal über ihre spezielle Schönheitspflege spricht. Ich unterdessen wünsche mir für 2012, dass sie nicht ganz so oft über die Bildschirme geistert.

Damit sind wir wieder bei den Herren, bleiben aber bei den Darstellern. Schauspieler  möchte man bei meinem Platz 7 nämlich wirklich nicht sagen. Dazu müsste man nämlich sprechen können. Til Schweiger aber gefällt sich vorwiegend nuschelnd und in der Rolle des ewigen, oh-so-rührenden Jüngelchens. Hach, wie geht er mir auf den Zeiger! Und nur als Vorankündigung: Auch wenn er im neuen Jahr einen Film mit einem so neckischen Titel wie „Zweischwanzwellensittiche“ produzieren sollte – darauf, dass ich ein Ticket oder gar eine DVD kaufe, braucht er nicht zu hoffen.

Wo aber wären wir in Deutschland, wenn wir nicht unsere Sportler – oder besser gesagt: Die ehemaligen Sportgrößen – hätten? Meine Nummer 8 ist der, der offenkundig in der Vergangenheit öfter  mal Orientierungsprobleme hatte, hat er doch Wimbledon mit seinem Wohn- und die Hintertreppe des Londoner Ritz mit seinem Schlafzimmer verwechselt. Inzwischen aber hat sich unser Bum-Bum Boris Becker, das einstige Bobbele aus Leimen, wohl dazu entschlossen, Shakespeares Aufforderung „The world must be peopled“ zu folgen, weswegen er nicht nur ständig mit wechselnden, aber immer exotischen Damen irgendwelche rotblonden, blauäugigen Kinder in die Welt setzt, sondern – wen interessiert das denn? – auch keine Gelegenheit auslässt, die Absicht auf weitere Vermehrung öffentlich zu verkünden. Von mir aus darf er die Überlegenheit seiner rotblonden Gene gerne noch ein Dutzend Mal unter Beweis stellen. Ich wünsche mir nur, dass er dabei die Klappe hält und mich nicht nach jedem erfolgten Zeugungsakt vom Cover der „Bunte“ oder „Gala“ angrinst.

Immerhin: Rang 9 hat’s nicht so sehr mit dem Zeugen. Dafür aber heiratet Lothar „Loddar“ Matthäus offenkundig gerne und mit zunehmendem Alter immer jünger. Dazu sollte ihm vielleicht mal jemand erklären, dass man auch direkt mit Noch- und Ex-Ehefrauen reden kann. Im Zeitalter von Handys und Skype sollte es selbst einem so vielbeschäftigten (womit eigentlich?) Mann wie unserem Loddar möglich sein, mit seiner jeweils gerade abgelegten Herzensdame ohne Hilfe der „Bunte“ oder der Zeitung mit den vier Buchstaben zu kommunizieren. Auch käme Deutschland meines Erachtens ganz gut ohne seine Verlautbarungen zum Thema Gesellschaft und Politik aus. Allerdings scheut man sich, ihm den Rat „Einfach mal Klappe halten, wenn man keine Ahnung hat“ zu geben – schließlich möchte man ihn ja nicht zum totalen Verstummen verdammen!

Weil mir sonst was fehlen würde, geht mein Platz 10 an den Propheten des gesunden, frischen Kochens: Alfons Schuhbeck. Was täten wir nur, wenn er uns nicht erzählen würde, dass Ingwer dem Gesäß eine gesunde Gesichtsfarbe verleiht und eine Prise Koriander ein langes, lustiges Leben garantiert! Dafür, dass er uns neuerdings auch noch McDonalds Hamburger empfiehlt, bin ich richtig dankbar – endlich Fast Food ohne Reue, denn wenn Herr Schuhbeck es gut findet, ist es ja wohl gesund und gut, oder?

Dienstag, 20. Dezember 2011

Ich liebe es!

Ich koche gerne. Und ich schaue gerne Kochsendungen. Ich bin dabei, wenn bei Lanz gekocht wird, ich fiebere mit den Kandidaten der „Küchenschlacht“, ich lasse mir nur zu gerne von Tim Mälzer erklären, wie man Buletten brät und ertrage sogar Horst Lichter, wenn mir Johann Lafer dafür in seinem charmanten Österreichisch erklärt, wie man Butter klärt. In meinem Bücherregal stapeln sich die Kochbücher – und dennoch werde ich nicht weinen, falls mir jemand zu Weihnachten noch eines (oder gar zwei?) schenkt. Ich kaufe auch gerne Kochzeitschriften, wobei ich zugeben muss: Die, deren Rezepte ich am meisten nachkoche, ist die gute, alte „Meine Familie und ich“.

Bei fast allen Fernsehköchen nervt mich nämlich eines: Dass es immer vom feinsten sein muss! Lea Linster begnügt sich bei ihrem „Lachstartar“ nicht damit, dass sie den teuersten Lachs verlangt, sondern muss ihn zudem mit Nordseekrabben, Austern und Kaviar garnieren – äh, Verzeihung, aber hat jemand einen mittelgroßen Geldscheißer übrig? Ich würde auch einen gebrauchten nehmen. Aber wenn ich das Weihnachtsmenü nachkochen wollte, dass mir bei „Lanz kocht“ neulich geboten wurde, bräuchte ich den. Da gab’s dann nämlich außer Lea Linsters Lachstartar mit drei Garnituren auch noch Seeteufel, Zanderfilet und Ente. Und jeder der Köche, angefangen von Frau Linster, die kundtat, dass man Lachs natürlich nur frisch beim Spezialfischhändler (der, der den Kram jeden Morgen aus Paris einfliegen lässt) kaufen kann über Herrn Alfons Schuhbeck, der die Butter, in der er seinen Zander anbrät, wahrscheinlich von einem reitenden Boten aus Frankreich bringen lässt bis hin zu Kolja Kleeberg, der zur handaufgezogenen Ente rät (ich werde mal beim Nachbarbauern anfragen, ob er eine mit genau 85 überwachten Flugstunden hat) erzählt mir, dass man nur mit „guten“ Zutaten richtig kochen kann.

Außerdem predigen die Herrschaften natürlich, dass man am besten alles selbst macht. Man braucht Gemüsebrühe für irgendwas? Tja, in dem Fall kauft man (natürlich Bio) Lauch, Karotten, Sellerie und Kräuter und kocht sich das Brühchen. Von wegen und „Potti“ oder gar irgendwas von Knorr! Wer wirklich anspruchsvoll und lecker Kochen will, macht selbst – sagen die Damen und Herren Fernsehköche.

Weil aber der Geldscheißer bei mir immer noch nicht eingetroffen ist, muss ich hin und wieder mal bei  Lidl einkaufen. Dabei überfällt mich aber immer schon am Eingang das schlechte Gewissen. Da steht nämlich lebensgroß Kolja Kleeberg mit seiner Kochschürze – und bei seinem Anblick denke ich dann immer: „Schei …benkleister! Ich sollte doch Bioprodukte kaufen und das Wild direkt vom Jäger und das normale Fleisch natürlich nur beim Metzger und mein Brot beim Bäcker und das Gemüse auf dem Markt! Und jetzt schluffe ich schon wieder beim Lidl rein, werde gleich nicht-Bio-Gemüse in meinen Wagen laden, Brötchen aus dem Automaten ziehen und den fertigen Pizza-Teig aus der Gefriertruhe. Und das alles unter Kolja Kleebergs Augen!“

Aber dann beruhige ich mich wieder. Der Lidl-Kleeberg ist nämlich ein Pappkamerad – und der empfiehlt mir zum Beispiel für seine Weihnachtsgans als Füllung:
100 g Grafschafter Buttertoast
50 g Milbona Deutsche Markenbutter
 100 ml Milbona Frischmilch
ChanteSel Jodsalz
Kania Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Lauter Lidl-Produkte! Also, wenn er mit Lidl-Portwein (ist auch im Rezept) kochen kann, darf ich es auch, oder?

Und auch in meinem Edeka werde ich diesbezüglich erfreut: Am Kopf des Regals, in dem man zum Beispiel Rotkohl im Tütchen und Sauerkraut in der Dose findet (geht gar nicht – würde Herr Schuhbeck wahrscheinlich sagen), könnte ich diverse Fonds und Gewürze von Jamie Oliver erstehen. Und am nächsten Regal kommt dann die Schuhbeck Kollektion mit Gewürzen, Fonds und anderen Convenience Produkten. Wie war das mit „gute Küche, alles frisch zubereitet“?

Johann Lafer predigt das auch gerne – und hat dafür in seinem Regal jede Menge Fonds und Konfitüren. Tja …

Warum fällt mir jetzt der Spruch vom „Wasser predigen und Wein trinken“ ein? Bei unseren Spitzenköchen scheint es allerdings andersrum zu sein: Sie predigen uns Wein – und bewerben Wasser. Dabei muss es noch nicht mal Luxuswasser sein  – oder wie soll ich es verstehen, dass Alfons Schuhbeck, der Prophet des superfrischen Bio-Gemüses und der oh-so-gesunden Kräuter mich neuerdings bei McDonalds angrinst? „Hüttengaudiburger“ heißt das von ihm kreierte Produkt – ein Weizenbrötchen mit Haferflocken, Hähnchenfleisch, Emmentaler und Apfel-Ingwer-Sauce.

Ich glaube, ich bestelle mir jetzt eine Pizza bei Joey’s. Die haben zwar noch keinen Spitzenkoch, der behauptet, das Rezept creiert zu haben, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und bis dahin lasse ich es mir immerhin schon mal schmecken!


Nochmal Männer ...

Habe ich die Tage behauptet, ich hätte nix gegen Männer? Das war nicht ganz richtig. Es gibt zwei Sorten von Männern, gegen die ich sehr entschieden was habe: 1. Schläger und 2. die, die sie auch noch verteidigen.

Ich habe gerade – ich warte auf einen lieben Gast – etwas in Neonatalies sehr empfehlenswertem Blog herum gelesen und bin dabei auf eine Geschichte gestossen, die ich einfach nur schrecklich finde: Eine junge Frau wurde ungewollt schwanger, der Erzeuger des Kindes (den Titel „Vater“ möchte man dem nicht geben!) war erst nicht begeistert, gewöhnte sich dann aber an den Gedanken. Dennoch kam es noch während der Schwangerschaft zur Trennung und dazu, dass die werdende Mutter ihren Kram aus seiner Wohnung holen wollte. Dabei kam es zum Streit, in dem sie ihm ankündigte, dass er sein Kind niemals sehen werde. Darauf brüllte er zurück „Wenn ich mein Baby nicht sehen darf, dann sollst du es auch nicht haben.“ Er schlug mit voller Wucht gegen ihren Bauch und als sie dann zu Boden ging, hat er noch mehrfach ihr getreten.

Das Baby wurde  danach per Notkaiserschnitt geboren und verstarb am dritten Tag. Die Mutter konnte es nie berühren – sie lag nämlich selbst fünf Tage auf Intensiv (http://neonatalie.wordpress.com/2011/01/12/gewalt-gegen-schwangere/#comments).

So weit, so unschön. In der Kommentarsektion zum entsprechenden Artikel geht es dann auch entsprechend rund. Fast alle Kommentatoren empören sich über diesen Mann. Nur ein Mann meint, er müsse – mit Verlaub – „Psychogewäsch“ abliefern. Da lese ich dann: „Wenn ein Mann gegen (s)eine Frau gewalttätig wird, dann eigentlich fast immer, weil er überfordert ist, mit der Welt und mit sich und mit ihren vermeintlichen oder wirklichen Ansprüchen nicht fertig wird… „ Ach ja. Und das berechtigt ihn dann, seinen Frust an einer Frau und ihrem (seinem!) ungeborenen Kind auszulassen? Ganz klar.

Es kommt aber noch besser: Der Kommentator meint, man müsse die Geschichte doch auch mal von seiner Seite aus sehen. Sie habe ihn verlassen, nun sitze er in der gemeinsamen Wohnung, die er „vielleicht kaum bezahlen kann“. Mir kommen gleich die Tränen! Armer, verlassener Mann! Wahrscheinlich war er der reine Engel und hat der bösen, bösen Frau üüüüberhaupt nie nicht einen Grund gegeben, die Kurve zu kratzen.

Doch weiter im Text – und ich zitiere: „Und dann kommt sie, holt ihre letzten Sachen ab, die für ihn noch so etwas wie eine Hoffnung darstellten, es könne sich alles wieder einrenken. Er hat sich schließlich darauf eingestellt, daß sie jetzt eine Familie sind…
Es kommt wieder zum Streit. Und Worte verletzen nicht weniger als Schläge… „

Worte verletzen nicht weniger als Schläge. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Unserem Kommentator ist aber offenkundig sehr ernst damit, denn im weiteren führt er aus: „Der Mann braucht nicht eine Gefängnisstrafe, der Mann braucht Hilfe und Betreuung. Er ist nicht stark, er ist schwach.
Und es gibt Worte, Sätze, die gehören bestraft wie gefährliche Körperverletzung.“

In dem Fall drängt sich mir die Frage auf: Hat der noch alle Latten am Zaun???

Für mich ist das ein klassisches Beispiel für die „Entschuldigungsmentalität“ mancher Männer. Eine Frau wurde vergewaltigt? Ja, mei, hätt‘ sie halt nicht so ein kurzes Röckchen getragen und sich geschminkt! Die hat doch „voll verfügbar“ gewirkt! Die braucht sich doch nicht zu wundern, wenn ein Mann auf sie anspringt (warum fällt mir an der Stelle Mel Gibson ein, der seiner Kindsmutter bescheinigte: „You look like a f**** pig in heat and if you get raped by a pack of niggers, it will be your fault“?). Und wenn eine Frau geschlagen wird, dann hat sie den Mann wahrscheinlich provoziert.

Wie wir ja eben gelernt haben: Worte sind wie Schläge und gehören ebenso bestraft. Und Männer, die schlagen, sind halt schwach und überfordert. Lasst uns alle Mitleid mit den Schlägern haben! Lasst sie uns trösten, wenn sie ihre Frauen und Kinder grün und blau geprügelt haben! Die können halt nicht anders, weil sie so „überfordert“ sind! Ist ja auch eine böse Welt, in der man (oder  sollte ich hier besser „frau“ schreiben?) von einem Kerl erwartet, dass er zu den Kindern steht, die er gezeugt hat (ich habe mal einen Mann, den ich bis dahin durchaus als „Freund“ gesehen habe, abserviert, weil er meinte, sich bei mir darüber ausweinen zu müssen, dass seine Ex-Freundin ihn „hereingelegt“ hatte und er es nun total unfair finde, dass er die nächsten 18 Jahre Unterhalt für das dabei entstandene Kind zahlen müsse. Der Junge war Dr.med. – und von einem solchen sollte man doch eigentlich erwarten, dass er den Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Kinderkriegen kennt, nicht? Ergo sollte man von ihm auch erwarten können, dass er keinen ungeschützten Verkehr mit einer Frau hat, von der er kein Kind will).

Und überhaupt: Einen Mann zu verlassen, der das nicht will, geht schon gar nicht! Das überfordert den dann so, dass man es wohl auch noch verstehen muss, wenn er dann kurzerhand Frau und Kinder umbringt und im Zweifelsfall auch noch den „Neuen“, wegen dem er verlassen wurde. Er braucht dann auch „Hilfe und Betreuung“.

„Worte sind wie Schläge“ – das glaube ich an dem Tag, an dem mir dieser „Männerversteher“ mal einen Mann zeigt, der von den Worten einer Frau so verletzt wurde, dass er fünf Tage auf der Intensivstation lag! Ich neige bestimmt nicht zur Gewalttätigkeit, aber einem Kerl, der einen Schläger verteidigt, würde ich ganz gerne mal eine langen. Stumm – damit er sich hinterher nicht darüber beklagen muss, er habe gleich doppelt Schläge bekommen!



Mittwoch, 7. Dezember 2011

Die Andere in seinem Leben

Ich kann die Augen nicht länger verschließen. Die Zeichen sind zu offensichtlich: Sein strahlendes Lächeln, wenn er in ihre Nähe kommt, der jugendliche Schwung in seinem Schritt, die Zärtlichkeit, mit der sie behandelt, die Leidenschaft, mit der sie verteidigt. Aber ich war ja gewarnt. Ich höre noch, wie jene gemeinsame Freundin, die ihn ein halbes Jahrhundert lang kennt, zu mir sagte: „Die einzige Frau, die je sicher wissen wird, wo er seine Nächte verbringt, ist seine Witwe.“

Ja, ich habe gewusst, dass er oft genug Monogamie für Monotonie gehalten hat. Dennoch hätte ich es nie für möglich gehalten, dass er so weit gehen würde, dass er seine Geliebte sogar in dem, was doch unser kuscheliges Nest, der idyllische Hort vollkommener, stiller Harmonie sein sollte, installieren würde. Ich muss täglich mit ihr leben. Ich muss oft schon beim Aufwachen ertragen, dass sie sich lautstark lärmend mit dem Mann, der mir Treue gelobt hat, amüsiert. Ich muss mit ansehen, wie er ihre prallen Rundungen liebkost und ihre Formen lobt, wie er an ihr sogar ein – wie ich finde – ausgesprochen vulgäres, enges Outfit in schwarz mit neonpinkfarbenen Akzenten großartig findet.

Dabei – ganz unter uns – bin ich sicher, dass ihre oh-so-tollen Formen aufgespritzt sind. Pures Plastik, ich sag’s Ihnen! Nichts, aber auch gar nichts an ihr ist natürlich. Aber was kann man auch schon von jemanden erwarten, der sich selbst via Vornamen „animalisches“ attestiert?

Ich werde mit ihr leben müssen. Ich bin nur nicht ganz sicher, ob ich ihr, wenn sie das nächstemal in meinem Wohnzimmer rumlungert, nicht einen Tritt verpasse. Und sollte sie mich noch einmal vor neun Uhr morgens mit ihren Lustschreien und diesem scheußlichen Gurgeln, das bei ihr wahrscheinlich für einen multiplen Höchstgenuss steht (bitte verzeihen Sie, dass ich die Verwendung des O-Wortes hier vermeide. Ich möchte diversen Suchmaschinen kein Futter bieten), wecken, mache ich ihr glatt einen Knoten ins Kabel.

Ansonsten möchte ich meine Geschlechtsgenossinnen warnen: Lasst Euren Mann nie in die Nähe eines Dyson Shops! Am Ende kommt er auch mit einer DC37 Animal Turbine raus wie der Meine und Ihr erleidet dasselbe Schicksal wie ich!


Montag, 5. Dezember 2011

Gastfreundschaft und Tierliebe

Mein Mütterlein hat sich redlich Mühe gegeben, mich zu einem einigermaßen sozialkompatiblen Menschen zu erziehen. Dazu gehörte auch, dass sie mir etwas über „Gastfreundschaft“ beigebracht hat – und zwar, dass ich mich, bitt’schön, zu bemühen hätte, Leuten, die ich einlade, das Gefühl zu geben, bei mir willkommen zu sein.

Sie selbst war eine tolle Gastgeberin. Um ganz ehrlich zu sein: Für meinen Geschmack hat sie es manchmal sogar übertrieben, wenn sie für jeden Gast – und wenn’s auch nur die Nachbarin war, die ein Paket angenommen hatte und dafür zum Kaffee eingeladen wurde – erst den Staubsauger schwang, sodann den Tisch mit dem „guten Geschirr“, kunstvoll gefalteten Stoffservietten, Blumen und Kerzen deckte und einen Kuchen gebacken hat. Manchmal habe ich mich über das „Mordsgeschiss“, das sie da aufführte, echauffiert und ich erinnere mich sogar daran, ihr mal erklärt zu haben, dass ich es als Gast ziemlich blöd fände, wenn ich wüsste, dass wegen meines Erscheinens Hektik ausbreche und die Bude auf den Kopf gestellt würde. Später haben sich dann meine WG-Mitbewohner mal fast kaputt gelacht, weil ich wegen eines zu erwartenden Herrenbesuch auf zwei von ihnen hinterlassenen Bierkisten in der Küche balancierte und unsere Lampe mit Scheuermilch abbürstete. Aber was sollte ich machen? Der Herr war 1,88 m groß und hätte vermutlich den Fliegenfriedhof in der Lampe ebenso wie die Fett- und Nikotinüberstände auf der Lampe gesehen! Aber das ist eine andere Geschichte.

„Gastfreundschaft“ ist das Thema – und was das angeht, habe ich heute eine interessante Erfahrung. Eine Freundin hatte mich gebeten, ein Buch, das sie sich ausgeliehen hatte, bei einer gemeinsamen Bekannten abzuliefern. Ich hatte mit der Bekannten – nennen wir sie Margit – telefoniert, um mich anzukündigen, dabei hatte sie fröhlich gefragt: „Hast du ein bisschen Zeit? Wenigstens für einen Kaffee?“

Also fiel ich heute Nachmittag bei Margit ein – und hatte erst einmal das fragwürdige Vergnügen, von ihren drei Buschratten Jack Russell Terriern begrüßt zu werden. Die lieben Tierchen kläfften in der Laufstärke eines startenden Düsenjägers, hüpften an mir hoch, putzten ihre süßen, aber reichlich dreckigen Pfoten an meiner frisch gewaschenen Jeans ab und wurden dafür von ihrer Besitzerin mit einem begeisterten „Sind sie nicht putzig, meine Babies?“ gelobt.

Ich hab‘ nix gegen Hunde (okay, okay, wenn’s zu Jack Russel Terriern kommt, gilt wohl eher: Ich hab‘ nix gegen die was hilft. Ich habe mich wohl zu lange im Busch – sprich: Auf Vielseitigkeitsturnieren – rumgetrieben. Da rannten so viele von diesen Viechern rum, dass ich immer Angst habe, es werde eines Tages Pflicht, mindestens einen davon – selbstverständlich mit rotem oder blauem Halstuch samt eingesticktem Namen, wobei der möglichst originell zu sein hat. Sowas wie „Django“ oder „Tarzan“ ist besonders beliebt – übers Turnier zu schleppen). Ganz im Gegenteil. Der Professor und ich teilen unser Leben mit zwei Vertretern der Spezies Canidae Canini und würden die für kein Geld der Welt hergeben.

Allerdings haben wir den süßen, kleinen Doggiepoos beigebracht, dass sie unser aller Revier nicht jedes Mal, wenn es an der Tür klingelt, durch lautstarkes Gekläffe verteidigen müssen und dass weder wir noch unsere Gäste es goutieren, angesprungen zu werden.

Bei Margit kam’s aber noch besser. Sie bat mich in ihr Wohnzimmer: „Nimm doch Platz und mach’s dir gemütlich.“ Hätte ich gerne, aber als ich gerade meinen Hintern auf das mit Hundehaaren überzogene Sofa platzieren wollte, wurde ich von einem dreistimmingen Hundechor unisono angeknurrt. Margit, die zum Kaffeekochen in der Küche verschwunden war, rief darauf: „Setz dich auf den Sessel. Das Sofa gehört den Babies.“ Ach so. Ja. Klar.

Die Hundibabies scheinen aber offenkundig auch den Sessel als ihren Besitz zu betrachten. Sie haben mich zwar nicht angeknurrt, aber dafür bekam ich ringsrum ungefähr ein Pfund gemischtes Hundehaar ab. In der Küche klingelte unterdessen Margits Handy, was mir Gelegenheit gab, die 43 silbergerahmten Hundebabybilder über dem Sofa zu bewundern. In ihrer Mitte gab es dann auch etwas zu lesen: Ein ebenfalls silbergerahmtes Plakat, in dem sich jemand in schönster Schönschrift ausgetobt und folgendes (sinngemäß wieder gegeben – zum auswendig lernen hat die Zeit dann doch nicht gereicht) niedergeschrieben hatte:

„Für meine Gäste:

1. Meine Hunde sind hier zu Hause. Du nicht.
2. Wenn du keine Hundehaare auf deinen Kleidern haben möchtest, setz dich nicht auf unsere Möbel.
3. Für dich sind sie einfach nur Hunde. Für mich sind sie meine Babies, Familienmitglieder und engste Freunde.
4. Es ist gut möglich, dass mir die Hunde wichtiger sind als du.“

Liegt’s an mir oder würden sich da andere Leute vielleicht auch nicht so richtig willkommen fühlen? Ich meine, ich will ja den oh-so-niedlichen Hundebabies der guten Margit nicht ihr „Heimrecht“ in Margits vier Wänden absprechen, aber ich habe immer Probleme, wenn ich irgendwo das Gefühl habe, dass Tiere den Menschen vorgezogen werden. Da fehlt mir dann nur noch eine Aussage der Klasse „Tiere sind so viel treuer als Menschen“ und ich gehe (zumindest innerlich) die glatten Wände hoch.

Für mich ist Tierliebe eine Facette der Liebe zum Leben(den) – und diese Liebe umfasst selbstverständlich auch Menschen, so schwer es die Margits dieser Welt es einem manchmal auch machen. Dabei versuche ich, die Tiere, mit denen ich zu tun habe, das sein zu lassen, was sie sind: Hunde, Katzen, Pferde – fühlende, empfindende Wesen, die manche Fähigkeit haben, die mir abgeht, die dafür aber andere nicht haben, über die ich verfüge (oder haben Sie schon mal einen Hund am Computer oder ein Pferd bei der Lektüre der ZEIT gesehen?). Sie haben an mich den Anspruch, bestmöglich versorgt und so artgerecht wie nur praktikabel gehalten zu werden. Ich fühle mich für sie verantwortlich, aber aus dem resultiert nicht, dass ich sie über die Menschen setze und für sie schöne, alte Sitten wie Gastfreundschaft über Bord kippe.
Ich möchte, dass meine Gäste sich wohl fühlen. Immer noch. Und trotz unserer Hunde. Aber muss das wirklich ein „trotz“ sein? Hunde sind Rudeltiere. Sie wollen klare Strukturen und sie fühlen sich als „Untertanen“ ihres Rudelführers (der gerne zweibeinig sein darf) durchaus wohl. Dafür akzeptieren unsere, dass die Polstermöbel unseres sind und sie sich in ihre Körbchen zu begeben haben. Dafür akzeptieren sie, dass sie nicht unsere „Babies“ sind, sondern unsere Hunde und dass wir nicht werten wollen, ob sie oder unsere Freunde uns wichtiger sind.

Freitag, 2. Dezember 2011

Guilty pleasures, die erste

Ich sollte mich schämen. Ich sollte es nicht wieder tun. Aber andererseits kann ich nichts dafür. Es ist bei mir wahrscheinlich genetisch verankert oder durch frühkindliche Prägung entstanden. Meine Mutter, obgleich eine sehr gescheite und gebildete Frau, hat’s nämlich auch getan – ungeachtet der Tatsache, dass mein Vater in diesem Punkt ausnahmsweise mal mit seinem Schwiegersohn konform war. Die Beiden haben immer gemeinsam die Augen verdreht und sich dann mit dem Seufzer „Frauen!“ beziehungsweise „Women!“ hinter den Wirtschaftsteil der Zeitung verzogen.

Eben habe ich es wieder getan. Anstatt zu arbeiten oder hier wenigstens ein superschlaues, weltbewegendes Essay über den Einfluss des Pferdes auf die Sprachentwicklung in Europa (ja, den gab’s tatsächlich!) zu verbrechen und damit meinen brillanten Intellekt unter Beweis zu stellen, habe ich mich auf www.bunte.de geschlichen. Und kaum wage ich es zu gestehen, aber:  Die Seite wird in meinem Browser unter „meist besuchte“ gelistet.

Ja, es ist mir peinlich. Ich rede nicht gerne darüber. Aber wir sind hier ja unter uns und da kann ich es zugeben: Ich gebe mir ungefähr dreimal die Woche eine nicht zu kleine Portion Klatsch und Tratsch. Und sollte ich vom Schicksal dann auch noch mit einem Arztbesuch gestraft werden, so versuche ich dem dadurch etwas Positives abzugewinnen, dass ich dort die Printausgabe der Bunten und meist auch noch Gala lese. Mein Hausarzt grinst deswegen schon immer wie ein Maikäfer, aber bitt’schön, was kann ich denn dafür, dass es in seinem Wartezimmer außer diesen beiden Magazinen nur Spiegel, Stern und auto, motor und sport gibt? Spiegel und Stern habe ich abonniert und immer schon gelesen, wenn ich zu ihm komme und an der ams interessieren mich höchstens die manchmal recht originellen Überschriften.

Ansonsten aber finde ich es viel spannender, ob „unser Silviäle“ (wie eine verstorbene Nachbarin Königin Silvia von Schweden immer zu apostrophieren pflegte) ihrem ungetreuen Karl den Xundzwanzigsten Gustav (mein eigentlich durchaus monarchistisch gesinntes irdisch Glück pflegt dessen Erscheinung immer mit „chinless wonder as he is“ zu kommentieren) wohl bald mal zeigt, wo in Schloss Drottningholm der Hammer hängt (ich vermute übrigens, dass der nicht hängt, sondern liegt – auf ihrem Frisiertisch. Er wird bestimmt gebraucht, um abends vor dem Schlafengehen das halbe Pfund Haarspray der Marke „Betonfest“ aus ihrer Frisur zu schlagen); ob die neue Fürstin von Monaco (vom Professor bisher unkommentiert, aber ich denke, da würde ein „broad shouldered wonder as she is“) nun bald ihrer dynastischen Pflicht nachkommt und ihrem Albert einen legitimen Erben schenkt und ob die spanische Kronprinzessin nach dem Genuss dreier Erbsen statt des sonst üblichen halben Salatblattes eine neue Garderobe anschaffen musste.

In diesem Zusammenhang wäre ich dann auch sehr interessiert, was Karl, der unvermeidliche Lagerfeld, dazu zu sagen hat, wobei ich mich bei ihm die Tage darüber wundere, wie man eigentlich in Hamburg Schnöselsdorf, wo er herkommt, das Wort „Gemüse“ ausspricht. Vermutlich anglisiert – oder wie sonst wäre es zu erklären, dass er die Bezeichnung „Muse“ in Bezug auf „Clodia“ Schiffer nicht hören will, weil das wie „Gemüse“ klinge? Vielleicht müsste ihn mal jemand darüber aufklären, dass es sehr wohl Engländer gibt, die das deutsche „ü“ aussprechen können. Mein Professor jedenfalls kann es. Wenn er nun auch noch den Unterschied zwischen „ab“ und „an“ lernt (er meinte neulich, er sei nach einem anstrengenden Tag „abgegriffen“) und dass man in Deutsch Menschen, die einem nahestehen, per „Du“ anspricht, kann er sich bei der „Bunten“ als Schreiber bewerben. Sein Deutsch ist mindestens so gut wie das der Chefredakteuse Patricia Riekel, die ich alleine dafür, wie sie – obwohl selbst in Richtung Moppel tendierend – den Schlankheitswahn weiblicher VIPs wohlwollend kommentiert, gerne mal mit Schmackes in den Allerwertesten treten würde.

Allerdings stelle ich bei meinen Internet-Streifzügen über Klatsch- und Tratschseiten immer öfter fest, dass ich alt werde. Nehmen wir zum Beispiel die Mutter aller Tratschseiten, die amerikanische www.tmz.com.

Die hat im Moment eine Exklusivmeldung über einen gewissen Kris Humphries ganz oben. Der war oder ist oder was auch immer mit einem amerikanischen Reality-TV-Sternchen verheiratet. Aber wer, zum Geier, ist „Soulja Boy“ und warum soll’s mich interessieren, dass er Hasch und eine Knarre in einer Aktentasche spazieren getragen hat? Und das ein gewisser Dan Cortese sich scheiden lässt, interessiert mich auch nicht – ich weiß nicht mal, wer oder was der Herr ist und tut.

Da lobe ich mir doch meine Bunte! Bei der erfahre ich heute, dass selbst Prinzessinnen „oft bittere Tränen“ weinen. Madeleine (das ist hübsche Tochter von unserem Silviäle, im Gegensatz zu Victoria, die zwar Kronprinzessin ist, dafür aber auch ihrem Vater ähnlich sieht. Immerhin hat sie in einem Glück gehabt: Die Extremnase, die ihr bürgerlicher Vorfahr Jean-Baptiste Bernadotte gehabt haben soll, hat sich offenkundig im Lauf von ein paar Generationen ausgemendelt. Dummerweise scheint aber auch die Intelligenz, die Napoleons ehemaligen Marschall ausgezeichnet hat, durch die Hinzufügung diverser Hochadelsgene verwässert worden zu sein) musste nämlich die Tage erfahren, dass ihr Ex-Verlobter mit einer Ex-Freundin von ihr nicht nur liiert ist, sondern zusammenzieht. Die Bunte weiß es genau: „Das Paar habe sich am Donnerstag die Schlüssel für seine acht Millionen Kronen teure Luxus-Wohnung (umgerechnet circa 875.000 Euro) im Stockholmer Nobelviertel Östermalm abgeholt“. Arme Madeleine! Sie weint jetzt sicher bittere Tränen, weil sie nicht so nobel wohnen darf. Ich meine, was ist schon so ein zugiges, olles 100-Zimmer-Schloss gegen eine Luxus-Wohnung in einem Nobelviertel?

Dafür ist „Neu-Single“ Demi Moore anscheinend schon eifrig damit befasst, das Attribut „Neu-Single“ wieder los zu werden. Laut der Bunten „datet“ sie schon wieder. Und man stelle sich vor: Der Herr, mit dem sie da angeblich zarte Bande knüpft, sieht aus, als ob er seinen 30. Geburtstag schon hinter sich hätte! Zu dumm, dass die Bunte beim üblichen Voting die falsche Frage stellt: „Demi wieder im Dating-Dschungel – finden Sie das zu früh?“ Die Frage hätte lauten müssen: „Ist dieser Kerl zu alt für Demi?“

Begeben wir uns aber aus der Spalte „Stars“ in die Spalte „Society“. Wer jetzt Louis Armstrong mit dem Klassiker „High Society“ im Ohr hat (http://www.youtube.com/watch?v=ELKNyDdNCbY&feature=related) liegt allerdings ganz falsch, denn die Meldung des Tages kommt von Frederic Prinz von Anhalt, dem man ja nun nicht unbedingt wirklich bescheinigen will, dass er zu den „oberen“ Zehntausend gehört. Dafür weiß der Mann, wie man, selbst wenn man absolut nichts leistet, immer wieder in die Schlagzeilen kommt. Heute allerdings berichtet er nicht von seinem Viagra-Verbrauch oder klappert mit den Knochen seiner Zombie-Gattin, sondern betätigt sich als psychiatrischer Gutachter, in dem er feststellt, dass seine Stieftochter Francesca Hilton „nicht ganz klar im Kopf“ ist.

Sie meint nämlich, er sei kein guter Ehemann! Er wiederum befindet, dass sie nur hinter Mütterchens Kohle (ist da noch welche? Ich hätte vermutet, dass er die schon durchgebracht hat. Aber wir müssen uns keine Sorgen machen: Er wird dem deutschen Steuerzahler nicht zur Last fallen. Wenn’s eng wird, adoptiert er noch ein paar titelwütige Bordellbetreiber) ist. Sie habe ihn nämlich am Krankenbett ihrer Mutter angebrüllt, „warum er Zsa Zsa weiter am Leben halte“. Damit aber nicht genug! Der Bunten berichtet der Möchtegern-Blaublütler: „Dann hat sie mir mit der Faust in den Magen geschlagen, so dass ich hingefallen bin und mich verletzt habe.“

Hmmm – vielleicht sollte er sich mit Madeleine von Schweden zusammen tun? Sie könnte ihm ihre naßgeheulten Taschentücher zur Abkühlung aufs verletzte  Bauchi legen und sie könnten gemeinsam  ihr hartes Schicksal beklagen. Und wenn sie dazu dann noch einen Reporter von der Bunten einladen, ist garantiert, dass ich auch weiterhin was zu lesen habe und mich in den Niederungen meines Daseins damit trösten kann, dass es den Schönen und Reichen auch nicht besser geht.

Dienstag, 29. November 2011

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Marzipan-Rührkuchen

Ich liebe Marzipan – aber nur Rohmarzipan. Das verarbeitete ist mir zu süß und zu trocken. Was ich aber fast noch mehr liebe als pures Marzipan ist der Marzipankuchen, den meine Mutter immer für mich gebacken hat.

Den gibt’s in zwei Varianten, wobei die nur die Glasur betreffen. Wenn Mutter einen für den sofortigen Verzehr gebacken hat, kam er in die Kastenform und wurde nachher mit dünn ausgewelltem Rohmarzipan überzogen. Wenn er etwas länger halten sollte, hat sie ihn in der Gugglhupf-Form gebacken. Dann durfte er nach dem Backen auskühlen, wurde dann mit  warmer, durchpassierter Aprikosenmarmelade glasiert, durfte dann einige Stunden stehen, bis er wirklich trocken war und bekam anschließend einen dicken Überzug aus Kuvertüre.

Die Aprikosenmarmelade (wobei meine Mutter bei manchen Kuchen auch Johannisbeer genommen hat) sorgt zum einen dafür, dass der Kuchen unter seinem Schokoguss schön saftig bleibt, zum anderen wird der Schokoguss schöner, weil die Kuchenoberfläche mit der Marmelade „glatter“ ist.


Marzipankuchen

300 g Mehl
200 g Marzipanrohmasse
200 g Zucker (wir ersetzen üblicherweise die Hälfte durch unseren selbstgemachten Vanillezucker. Falls keiner da ist: 175 g Zucker und ein Päckchen Vanillezucker)
2 EL Backpulver
175 g zerlassene Butter
3 mittlere Eier
1 Schuss Amaretto

Das Marzipan in kleine Stücke schneiden, mit dem Zucker, Vanillezucker und der Butter zu einem Teig rühren. Nach und nach die Eier zugeben, schließlich das Mehl und das Backpulver eßlöffelweise darüber sieben und einrühren.

Teig in eine gut gefettete Form füllen, im vorgeheizten Ofen bei 175° C auf der mittleren Schiene 50 bis 60 Minuten backen.

Dabei sollte man übrigens den Holzstäbchen-Test machen: Nach ungefähr 50 Minuten mit einem Holzstäbchen tief in den Kuchen einstechen. Wenn beim Herausziehen kein Teig daran klebt, ist der Kuchen fertig und sollte aus dem Ofen genommen werden. Der Marzipankuchen sollte nämlich keinesfalls zu lange backen, sonst wird er trocken.

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Scones

Sie wünschen – wir tippen. ;)
Ich wurde nach dem Rezept für Scones gefragt, also habe ich im Rezeptordner des Professors (in dem alle seine Rezepte ordentlich in Klarsichthüllen und natürlich alphabetisch geordnet abgelegt sind. Meine Rezeptsammlung unterdessen besteht aus einer alten Schuhschachtel, die mit Zetteln und Ausschnitten aus Zeitschriften vollgestopft ist und in dem man suchen muss wie ein Archäologe: Dauernd gebrauchte oder jüngst gekochte Rezepte sind in den oberen Schicht, Weihnachtsgutsle liegen in der mittleren Schicht und unten sind die ganz selten gebrauchten Rezepte) nachgeguckt.

Dabei fand ich gleich zwei Scones-Rezepte, wozu er erzählte, dass Scones in seinem Elternhaus drei-, viermal in der Woche zum Tee serviert worden seien. Gleichzeitig aber seien Scones eines der ganz wenigen Themen gewesen, über die sich sein sanfter, ruhiger Vater richtig echauffieren konnte und worüber er sich mit seiner temperamentvollen Frau, mit der er sonst durchaus in Harmonie lebte, in die Wolle bekam. Der Vater mochte nämlich Scones mit Rosinen nach dem Rezept seiner Köchin. Punkt. Des Professors Mutter dagegen hatte vor der Heirat von ihrer pflichtbewussten Mutter und deren Köchin ein anderes Scones-Rezept – mit Hefe und ohne Rosinen – erlernt und fand das besser. Sie wies also die Köchin an, ihr Rezept zu servieren. Die tat das – immer, wenn sie die explizite Anweisung dazu bekommen hatte. Kam die aber nicht, machte sie ihr Rezept, worauf dann über dem Teetisch eine Debatte darüber ausbrach, welche Scones nun die „richtigen“ sind.

Mein Liebster erinnert sich, dass das Problem erst gelöst wurde als er zum ersten Heimaturlaub in Uniform antrat. Sein Besuch zuhause fiel nämlich mit der Ablösung der alten Köchin und der ersten Tage des Regimes einer neuen zusammen. Und als die alte in den Ruhestand ging, wurde das Thema „Scones“ noch einmal letztgültig verhandelt, wobei rauskam, dass von da an Scones mit Hefe und Rosinen serviert wurden.

Weil ich Scones erst mit dem Professor kennen gelernt habe, bin ich vollkommen neutral – mir ist es wurst, ob mit Backpulver oder Hefe. Ich klatsche eh so viel Sahne und Marmelade drauf, dass man das „darunter“ nicht mehr wirklich rausschmeckt. Doch der Professor kann sich nicht entscheiden. Darum backt er abwechselnd das eine und das andere Rezept.


Scones – Schwiegermutters Variante mit Hefe

500 g Mehl
2 mittelgroße Eier
1 Würfel Hefe (oder ein Päckchen Trockenhefe)
5 EL Zucker*
125 g Butter
¼ l Milch
Eine Handvoll Rosinen (wenn man Rosinen mag)**

Das Mehl in eine große Teigschüssel sieben, in der Mitte eine Mulde machen. In den kommt die zerbröckelte Hefe, dazu ein EL Zucker und etwas lauwarme (ja, wirklich lauwarm! Zu kalt würde die Hefe erschrecken, zu heiß würde sie töten, also lauwarm) Milch. Ein paar Minuten gehen lassen, dann die restlichen Zutaten zugeben und das Ganze zu einem glatten Teig verkneten. Mit einem sauberen Handtuch abdecken und an einem warmen Ort *** ungefähr 30 Minuten gehen lassen. Der Teig sollte sich dabei verdoppeln (deswegen übrigens auch die große Schüssel – in einer kleinen läuft er nämlich über).

Danach geht’s weiter wie im Rezept der Köchin. ;)


Scones – die Variante der Köchin:

4 Tassen Mehl
5 TL Backpulver (die Köchin nahm früher natürlich Natron, aber laut dem Prof schmeckt und funktioniert Backpulver besser)
2 Eier
5 EL Zucker*
10 Eßlöffel Butter
1 ½ Tassen Milch
1 Prise Salz
Eine Handvoll Rosinen**

Mehl, Backpulver, Butter und Salz zu einem Teig zusammen kneten, Milch und Eier dazu geben und zu einem glatten Teig verarbeiten.


Und hier geht’s für beide Rezepte weiter:

Den Teig auf einer leicht mit Mehl bestäubten Fläche ungefähr zwei Zentimeter dick ausrollen, dann mit einem Plätzchenausstecher (oder einem Glas). Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen.

Im vorgeheizten Ofen (180 ° C, Umluft 160° C) ca. 15-20 Minuten backen, bis die Scones goldgelb sind. Warm mit sehr steif geschlagener Sahne und Erdbeermarmelade servieren.

* Der Professor ersetzt üblicherweise die Hälfte des normalen Zuckers durch Vanillezucker.
** Die Rosinen, die bei uns in den Scones landen, stammen aus einem großen Topf in der Vorratskammer, in dem immer um die 500 g Rosinen in braunem Rum baden.

Montag, 28. November 2011

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Spaghetti Bolognese

Und weil wir gerade bei italienischem sind, kommt hier einer unserer Standards. Spaghetti  Bolognese gibt's bei uns bevorzugt dann, wenn wir "Massenabfütterung" haben.


Spaghetti Bolognese

(für vier Personen)

500 g Spaghetti
500 g gemischtes Hackfleisch (kann aber auch reines Rind- oder Lammhackfleisch sein)
2 Dosen stückige Tomaten (wer’s nicht stückig mag, kann natürlich auch passierte Tomaten verwenden)
2 EL Tomatenmark
2 große (oder 4 kleine) Zwiebel
1 Stange Lauch (wer’s mag, es geht aber auch ohne)
3-5 Knoblauchzehen
100 cl Sherry, Madeira oder Rotwein
200 cl Wasser
2 EL getrockneter Oregano
1 EL Instant-Brühe (ich nehme Gemüsebrühe, es geht aber auch Fleischbrühe)
1 EL Mehl
1 Zweig Rosmarin
etwas Sojasauce, Pfeffer, Salz
Parmesan zum Bestreuen (wer’s mag)
Butterschmalz zum Anbraten

In einem großen Topf Salzwasser mit 1 EL Oregano zum Kochen bringen, Spaghetti nach Packungsvorgabe al dente kochen, abgießen, nicht abschrecken.

Zwiebeln und Lauch klein schneiden, Knoblauchzehen darüber drücken. In einer großen Pfanne das Butterschmalz zergehen lassen, dann das Hackfleisch darin krümelig braten. Zwiebeln, Lauch und Knoblauch dazu geben und mitbraten lassen, bis die Zwiebeln glasig sind. Mehl darüber stäuben, kurz mit anrösten, dann mit den Dosentomaten plus ihrer Flüssigkeit, dem Wasser und dem Sherry ablöschen. Tomatenmark einrühren, mit 1 EL Oregano, der Instant-Brühe, Sojasauce, Pfeffer und Salz würzen, den Rosmarinzweig zugeben und für ein paar Minuten bei kleiner Flamme köcheln lassen. Wem die Sauce zu dick ist, kann noch etwas Wasser einrühren.

Guten Appetit!

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Spaghetti mit Zitrone und Kapern

Spaghetti mit Zitronen-Kapern-Sauce – die Variante ist mir bisher nur einmal begegnet: In Bari. Ich liebe Kapern und Zitrone und so habe ich mir das Rezept geben lassen. Es hat ein bisschen rumprobieren gebraucht (welcher Koch verrät einem schon alle Tricks, die er verwendet?), bis es so geschmeckt hat, wie wir es jetzt sehr lieben.



Spaghetti ai capperi e limone

(und wieder mal für vier Personen)

500 g Spaghetti (oder andere Pasta)
80 ml gutes Olivenöl
80 ml Gemüsebrühe
1 Zitrone mit unbehandelter Schale
40 g Kapern (bei Kapern in Salzwasser vorher ausreichend wässern)
30 g Butter
1 kleiner Bund glatte Petersilie (gekrauste geht auch, aber glatte ist aromatischer)
2-5 Zweige Basilikum (je nach Geschmack)
1 EL Oregano
1 Zweig Zitronenthymian (das sollte übrigens wirklich Zitronenthymian sein. Mit „normalem“ Thymian schmeckt es anders. Und weil es Zitronenthymian ja doch nicht überall und immer gibt: Wenn ich auf dem Markt welchen erwische, schlage ich gleich richtig zu, wasche ihn zuhause, lege ihn sorgfältig wieder trocken und friere ihn in kleinen Portionen ein)
Salz, Pfeffer
eventuell Parmesan zum Drüberstreuen


Einen großen Topf mit Salzwasser und dem Oregano zum Kochen bringen, Spaghetti nach Packungsangaben al dente kochen, abgießen, aber nicht abschrecken.

Das Olivenöl, die Gemüsebrühe und den Saft der Zitrone (nicht wegwerfen! Die Schale wird noch gebraucht) mit Pfeffer und Salz mit einem Stabmixer zu einer Emulsion verrühren.

Kräuter kleinschneiden. Von der Zitrone ungefähr 1/3 der Schale abreiben und zu den Kräutern geben.

Die Butter bei kleiner Flamme im Topf zergehen lassen, die Spaghetti darin schwenken. Anschließend die Emulsion, die Kräuter und die Kapern dazu geben, zwei-drei Minuten auf kleiner Flamme ziehen lassen. Dabei nehmen die Spaghetti die Sauce auf.

Guten Appetit!

Die Lieblingsrezepte der Funny Family: Spaghetti Carbonara

Bei mir ist „italienische Woche“ – ich hab’s momentan mit Spaghetti in allen Varianten.

Spaghetti Carbonara


Für vier (reichliche) Portionen

500 g Spaghetti

400 ml Sahne
4 Eier
200 g Schinken (oder Bacon oder Rauchfleisch – bei letzterem dann aber mit dem Würzen der Sauce zurückhalten, weil das Rauchfleisch ja schon einiges an Salz mitbringt)
4 EL geriebenen Parmesan
1 Knoblauchzehe
2 EL getrockneter Oregano
Salz, Pfeffer, Muskatnuß
frischer Basilikum (kann, muss aber nicht sein)
etwas Butterschmalz

Einen großen Topf mit Wasser, Salz und einem EL Oregano zum Kochen bringen, Spaghetti nach Packungsangabe (oder mit Ausprobieren) al dente kochen, abgießen, aber nicht abschrecken.

Sahne, Eier, Parmesan, 1 EL Oregano, Salz, Pfeffer und Muskatnuß verrühren.

In einer großen Pfanne den Schinken in etwas Butterschmalz anbraten. Knoblauchzehe hinein drücken und kurz mitbraten lassen (nicht zu lange, sonst wird der Knoblauch bitter). Spaghetti dazu geben, umrühren und damit den Schinken unter den Spaghetti verteilen. Nun die Sahne-Eier-Masse darüber gießen und kurz stocken lassen (nicht zu lange, sonst werden’s Eiernudeln).

Vor dem Servieren mit einigen Basilikumblättern dekorieren. Guten Appetit!

Weihnachten in England

Ich wurde von einem lieben Menschen gefragt, wie man denn in England Weihnachten feiere und weil ich denke, dass das vielleicht noch ein paar Leute interessieren könnte, versuche ich mich hier mal in einer Beschreibung. Die erhebt aber weder Anspruch auf Vollständigkeit noch kann ich garantieren, dass sie "Allgemeingültigkeit" für alle Engländer hat. Es gibt bestimmt auch in England familiäre oder regionale Traditionen, mit denen ich nicht vertraut bin.

Außerdem meint der Professor, ich müsste eine "historische Vorbemerkung" addieren: Einiges von dem, was heute auch in England als "traditionell" gelte, sei erst im 19. Jahrhundert aufgekommen und aus Deutschland importiert worden - wie zum Beispiel der festlich geschmückte Christbaum, der heute in England auch dazu gehört. Den hat Queen Victorias Prinzgemahl Albert, ursprünglich ein Prinz von Sachsen-Coburg-Gotha, für seine große Kinderschar eingeführt und er hat sich dann vom Hof aus durch England verbreitet.
Witzig ist in dem Zusammenhang vielleicht: In England ist es eigentlich üblich, dass die Geschenke erst am 25.12. verteilt werden - nur bei den Royals nicht. Die halten sich angeblich immer noch an die deutsche Sitte, am 24.12. die Bescherung zu veranstalten - wieder etwas, was auf Prince Albert zurück geht.

Advent in England ...
ist nach meinem Empfinden dem deutschen sehr ähnlich. Ab Mitte/Ende November fangen die Geschäfte an, einen mit Weihnachtskram zu nerven (ja, ich bin genervt. Ich mag's nicht, dass die Weihnachtssaison mit ihrem "kauf, kauf, kauf!" immer weiter in den Herbst hinein gezogen wird).
Im Dezember hat dann wohl jeder anständige, englische Haushalt mit Kindern diverse mit Schokolade oder sonstigen Goodies gefüllte Adventskalender hängen. Adventskränze mit Kerzen kenne ich eher nicht.

Doch da ist was anderes in der Adventszeit, was für Engländer unheimlich wichtig ist und worauf sie viel Zeit und Mühe verwenden: Weihnachtskarten. Wer auf sich hält und es sich leisten kann (wobei es in Zeiten des Internets wirklich nicht mehr sonderlich teuer ist), gestaltet seine eigene Adventskarte mit einem Familienfoto.

Zwei typische Beispiele dafür, gestaltet und verschickt vom Prince of Wales:


In der Adventszeit verbringt ein anständiger Engländer dann Stunden damit, seine Weihnachtskarten zu schreiben und zu verschicken. Familie (und das umfasst dann auch die Großcousine der Schwippschwägerin), Freunde, Bekannte, Kollegen, Geschäftspartner, der Pfarrer und sein Ehegespons, der Metzger, der immer das besonders zarte Lamm liefert, der Friseur, der es nicht schafft, den Wirbel am Hinterkopf dauerhaft zu bändigen, der Schmied, der immer so geduldig die Rösser beschlägt, der Futterlieferant, der Stallbesitzer - wer unter 100 Karten verschickt, hat in England wahrscheinlich das Gefühl, ein sozialer Blindgänger zu sein und begibt sich nach Weihnachten in Therapie. 

Gegen Mitte/Ende der Adventszeit schleppen sich dann die bemitleidenswerten englischen Briefträger fast einen Bruch, denn da werden Weihnachtskarten ausgeliefert und bei den beglückten Adressaten zum Teil der Weihnachtsdekoration gemacht. Dafür räumt man üblicherweise den Kaminsims ab (auf dem sonst xundzwanzig Fotos in Silberrahmen stehen, die nicht nur die Familie, sondern auch mehr oder minder "ansehnliche" oder prominente Bekanntschaften mit persönlicher Widmung oder, noch besser, einen Promi mit einem Mitglied des Haushalts). Auf den werden dann die Weihnachtskarten dekoriert - und da gilt: Je mehr, desto besser und die schönsten (oder "nobelsten" - je nachdem, wie snobby man ist) nach vorne. Angeblich gibt es sogar Leute, die Listen führen, wer ihnen eine Karte geschickt sind und die nach Weihnachten bereit sind, den Arzt - Friseur - Metzger - Klempner zu wechseln, weil der ihnen keine geschickt hat. Auch sollen schon Neffen von alten Tanten enterbt worden sein, weil ihre Karte nicht nett genug war. Für mich, die ich Weihnachtskarten, so sie nicht gerade mit sehr persönlichem Text von ganz lieben Menschen kommen, nach kurzem Draufgucken in den Papierkorb entsorge, fällt das übrigens mal wieder unter "Die spinnen, die Briten!"

Gebacken wird natürlich auch in der Adventszeit, wobei es die Engländer weniger mit Plätzchen ("Gutsle", würde meine Mutter gesagt haben. Die nervte es immer, wenn in ihrer Familie jemand von "Weihnachtsplätzchen" sprach) haben als mit Kuchen. Und der traditionelle englische Christmas Cake, der in ländlichen Regionen der ganze Stolz der Hausfrauen ist, gehört für mich zu den Gründen, warum die englische Küche so einen schlechten Ruf hat. Innen drin ist es nämlich ein Früchtekuchen - was ja nicht schlecht sein müsste. Aber auf den kommt - wahrscheinlich, um ihn frisch zu halten, denn er wird meist in drei- oder gar vierfacher Version gebacken und die ganze Adventszeit über jedem Gast serviert (und gerne wird auch einer für den oft in der Adventszeit stattfindenden Wohltätigkeitsbasar der Kirchengemeinde gestiftet) - Zuckerguss. Dabei reden wir aber nicht von einmal mit dem Backpinsel und einer Puderzucker-Wasser-Mischung drüber, sondern von "richtigem" Zuckerguss, der eine zentimeterdicke, knallharte Schicht rund um den eigentlichen Kuchen bildet und dazu gerne noch mit weihnachtlichen Motiven dekoriert ist. Was mich dann aber immer ganz besonders in Schaudern bringt, ist die Farbenfreude der englischen Hausfrauen. Je nachdem, wie Mütterchen beim Backen drauf war, wird der Zuckerguss nämlich in Quietsch-Pink, heftigem Violett, Schwimmbad-Blau oder kräftigem Maigrün eingefärbt. Wem da nicht das Grausen kommt, der übersteht wahrscheinlich auch englische Cremetorte ohne das Gefühl, hinterher einen kräftigen Schluck aus der nächsten Ginflasche nehmen zu müssen (das überfällt da selbst mich - und ich mag normalerweise keinen Alkohol!). 
Beim Christmas Cake gehört der Verdauungs-Alkohol aber sowieso dazu. Der wird nämlich üblicherweise mit einem Glas Whisky serviert. Engländer wie zum Beispiel der mir Angetraute behaupten, dass das wunderbar passe und herrlich schmecke, ich aber finde es schräg (erwähnte ich schon mal, dass mich des öfteren der Gedanke überfällt, dass die Briten spinnen?). 


Der 24.12.: Christmas' Eve
Wie schon erwähnt: In "normalen" englischen Familien findet die Bescherung nicht am Heiligen Abend statt. Traditionell dekoriert man da den Weihnachtsbaum, die Kinder hängen Strümpfe an den Kamin (weil in England der Nikolaus - wie praktisch, denn da hat er ja seinen Job in Deutschland hinter sich - in der Nacht von 24. auf 25. kommt und die Strümpfe füllt). Danach wird gegessen, in manchen Familien schließt sich dann eine regelrechte "Party" an, zu der auch gerne Freunde und Bekannte eingeladen werden.
Bei uns begibt man sich - wir sind da doch sehr konservativ - am späten Abend unter Absingen schmutziger festlicher Lieder (der Professor singt dann unter Garantie God rest you merry gentlemen und motzt jeden seiner Mitsänger an, der den Fehler macht, das Komma zwischen "rest you" and "merry" zu singen, weil es nämlich zwischen "merry" und "gentlemen" gehört. Außerdem habe ich mal eine auf den Deckel bekommen, weil ich gefragt habe, was eigentlich mit den Gentlewomen sei. Die Bemerkung fand er an Weihnachten "inappropriate") - zur Mitternachtsmesse in die Kirche. Deswegen gucke ich übrigens am 24.12. schon nachmittags immer hoffnungsfroh in den hoffentlich grau verhangenen Himmel und hoffe, dass es nicht schneit, sondern regnet. Bei Trockenheit oder Schnee meint der mir verbundene Traditionalist nämlich, dass wir zu Fuß in die Kirche gehen müssten - und wir wohnen doch ein gutes Stück außerhalb und ich hab's nicht so unbedingt mit Nachtwanderungen. Bei Regen sieht dann aber selbst er ein, dass man das Auto nehmen kann.

Nach der Mitternachtsmesse kommt dann etwas, was ich als "totally English" liebe, was aber putzigerweise meinen Briten nervt: Wechselläuten. Wer je Dorothy L. Sayers großartigen Krimi "The nine tailors" gelesen hat, weiß, wovon ich rede, dem Rest sei's - so weit das machbar ist - kurz erklärt: Sehr oft haben ja auch relativ kleine englische Orte riesige, uralte und teilweise wunderschöne Kirchen, die übrigens oft etwas außerhalb des Ortes und da gerne auch auf einem Hügel stehen (früher wurden die zum Beispiel in den Fens, wo es oft Überschwemmungen gab, als "Fluchtburgen" genutzt. Wenn das Wasser mal wieder drohte, den ganzen Ort zu überschwemmen, zog man mit Kind und Kegel, Kuh und Schafen, zur Kirche. Die Tiere wurden in Pferchen um die Kirche rum geparkt, die Leute campierten in der Kirche, bis das Wasser abgeflossen war). Zu solchen Kirchen gehört üblicherweise ein großer Glockenturm, auf dem oft Geläute mit bis zu neun Glocken hängen. Teilweise können die heute elektrisch bedient werden, aber selbst dann kann man sie auch noch von Hand läuten - und das tut man auf  dem Land noch gerne, ausführlich und in einer Art, die wir in Deutschland gar nicht kennen.

Bei uns sind Glocken üblicherweise so abgestimmt, dass sie "Melodien" läuten können. In England dagegen gibt es "change ringing" - Wechselläuten. Die "Wissenschaft" dazu nennt sich Camponology und das klingt dann so: Wechselläuten. Dabei werden die Glocken in mathematischen Folgen geläutet, wobei die "Figuren" dann zum Beispiel "Grandsire Triple" heißen. Es ist höchst kompliziert und kann, wenn die Glöckner Ehrgeiz entwickeln, schon mal über ein paar Stunden gehen. In unserem Ort haben die insgesamt 12 Herren und Damen, die die Glocken läuten, sehr viel Ehrgeiz, weswegen sie vor zwei Jahren an Weihnachten nach der Mitternachtsmesse mit Proviant und einigen Bierkisten bewaffnet in den Glockenturm einzogen und bis zur Frühmesse am nächsten Morgen durchgeläutet haben. Das sind dann die Stunden, in denen mein Professor froh ist, dass wir doch etwas außerhalb wohnen, während ich mich freue, wenn der Wind entsprechend steht und ich die Glocken höre. Ich gestehe aber, dass ich während unserer Suche nach einem Haus dereinst von einem sonst sehr geeignet erscheinenden Abstand genommen habe, als ich hörte, dass in der nur ungefähr 100 m entfernten Kirche sehr engagierte Bell ringers zugange sind. 

Der 25.12.: Christmas
Wer Kinder hat, sollte sich darauf einstellen, dass er am Morgen des 25.12. sehr früh aus dem Bett geschmissen wird, weil sein Nachwuchs im Schlafanzug mit dem Schlachtruf "gifts!" über die Treppen nach unten rast und sich im Wohnzimmer auf die unter dem Weihnachtsbaum aufgebauten Geschenke stürzt. Die Strümpfe am Kamin interessieren dabei üblicherweise erst mal weniger - in denen sind eh nur Kleinigkeiten. 

Nach der Bescherung gibt's Frühstück, dann treibt man in konservativen Familien den ganzen Verein nochmal in die Kirche. Danach trifft sich die ganze Gemeinde vor der Tür der Kirche und man wünscht sich rundrum "merry christmas". Dabei wirken die Hausfrauen oft schon etwas zappelig, denn an Christmas wird - nach einem relativ einfachen Mittagessen - ganz groß aufgetragen. 

Christmas Dinner ist nicht überall gleich. In vielen Familien gibt's traditionell einen Truthahn (kann übrigens sehr lecker sein, denn der wird meist mit Bacon umwickelt, damit er saftig bleibt) mit Ofenkartoffeln (den berühmten "Roast potatoes") und saisonalem Gemüse (bei Kindern meist verhasst: "Brussel Sprouts" - der Rosenkohl, der bei uns zu Weihnachten mit Maronen kommt. Ebenfalls beliebt: Parsnips and swede - Petersilienwurzeln und Steckrüben), Gravy (der Bratensauce), dazu dann oft noch Bread Sauce (kann gut schmecken, wenn gut gemacht) und Cranberry Sauce. Manchmal werden dazu auch noch "Pigs in a blanket" - Würstchen mit Bacon umwickelt - serviert. Und warum man zu Fleisch Würstchen serviert, gehört zu den Geheimnissen der englischen Küche, die sich mir wahrscheinlich nie erschließen werden, weswegen ich das auch unter "Die spinnen, die Briten!" buche.

Eine interessante Variante des Christmas Dinners gab's übrigens bei uns vor zwei Jahren: Der Hausherr hatte die diversen Sprösser seiner Lenden samt Anhang und Kindern eingeladen, weswegen er direkt nach dem Gottesdienst in der Küche verschwand, um dort in wilde Geschäftigkeit auszubrechen. Erst hat er nämlich ein von unserem Nachbarbauern erworbenes, sehr hübsches Maishähnchen entbeint. Dann wurde eine Ente derselben Prozedur unterzogen. Damit fertig, war eine Gans dran. Anschließend wurde das Hähnchen mit einer Masse aus Maronen, Weißbrot und Kräutern gefüllt und in die Ente gestopft. Die Ente wurde dann mit der Masse eingeschmiert und in die Gans gestopft. Gefühlte drei Tage später (es waren, wenn ich mich richtig erinnere, vier Stunden) landete die mit Ente und Hähnchen gefüllte Gans dann im Ofen. 

Danach waren dann Gemüse, Kartoffeln und die oben beschriebenen Saucen dran, außerdem gab's Yorkshire Pudding nach seinem Spezialrezept - gehört nicht traditionell zum Christmas Dinner, wird aber in unserer Familie gefordert (auch von mir).

Damit immer noch nicht genug, wurde dann der "Christmas Pudding" zelebriert: Zitronat, Orangeat, Rosinen, diverse Trockenfrüchte dazu wurde zu einem Teig vermatscht, kam in eine Form und dann in den Steamer. 

Gegen vier waren wir dann endlich so weit: Der Tisch war festlich gedeckt, auf jedem Platz lag, wie es sich gehört, ein Christmas Cracker - sowas:
(Quelle: Wikipedia)

Wenn man an den Dingern zieht, gehen sie auf und dann kommt beim traditionellen, englischen Christmas Cracker eine Krone aus Buntpapier raus, die sich der Cracker-Eigner aufsetzt. 

Nach dem Verzehr der Gans (und der Feststellung des Hausherrn, dass das zwar gut schmecke, er sich die Mühe aber nie mehr mache) war dann der Pudding dran: Feierlich aufgetragen, mit Whisky übergossen und angezündet (in jedem Mann steckt ein kleiner Pyromane). Natürlich war eine Goldmünze drin versteckt, die dann der Schwiegersohn fand - eindeutig Abteilung "Wer hat, dem wird gegeben". 

Pappsatt und sowohl zur Konversation und Bewegung unfähig schleppte sich die Familie dann ins Wohnzimmer, wo sie sich in holder Einigkeit um die Glotze versammelte, um "the Queen's speech" zu lauschen. Und nachdem die gute Liesel mit ihrem Quiekestimmchen die üblichen guten Wünsche verlautbart hatte (für die Respektlosigkeit gegenüber Her Majesty würde ich übrigens von meinem Herrn wieder sehr scharf angeguckt), wurde die Idiotenlaterne wieder ausgeschaltet und die Erwachsenen haben den Rest des Abends mit Gesellschaftsspielen verbracht, während unser Nachwuchs diverse Weihnachtsgeschenke wie neue Handys, Notebooks und Kameras austestete und einrichtete.

Der 26.12.: Boxing Day
Auch in England ist der zweite Feiertag frei - und traditionell der Tag, an dem man die "Armen" beglückt.
Der Name und die Tradition reichen weit zurück. Früher haben Seefahrer, wenn sie von einer ihrer gefährlichen Reisen glücklich heimgekehrt waren, nämlich Geschenke für die Armen mitgebracht. Die wurden in einer Holzkiste (=box) dem örtlichen Pfarrer zur Aufbewahrung übergeben und dann nach dem Gottesdienst am 26.12. an die Ortsarmen verteilt. 
Ergo marschieren konservative Engländer an diesem Tag auch wieder morgens in die Kirche. Danach beglückt man dann, so man welche hat, seine "servants" mit diversen Geschenken, wobei wahrscheinlich Schecks besonders beliebt sind. Ansonsten futtert man die Reste vom Christmas Dinner und ruht sich vom Weihnachtsstress aus, damit man am 27., wenn die Geschäfte wieder offen sind, all' die Geschenke, die einem nicht gefallen oder die nicht passen, umtauschen kann.

Ja, das war's mit den englischen Weihnachtssitten, soweit sie mir bekannt sind. 






Sonntag, 27. November 2011

Musik, zwo, drei, vier!

Letzten Sonntag stellte der von mir sehr geschätzte Schauspieler Robert Hardy auf BBC Radio Four die Musikstücke vor, die er auf eine einsame Insel mitnehmen wollte (falls Ihr neugierig auf seine Auswahl seid: Robert Hardy on Desert Island). Ich finde solche Listen immer ausgesprochen interessant und anregend - und ja, das ist durchaus als Aufforderung zu verstehen, mir hier Eure Lieblingsstücke zu verraten.

Was die meinen angeht, beginnt die Liste auf jeden Fall mit

1. Johann Sebastian Bach: Messe in h-moll
Und die hätte ich gerne von einem Knabenchor gesungen (die Aufnahme kommt schon ganz gut hin: h-moll Messe mit den Thomanern), auf modernen Instrumenten ("werkgetreu" hin oder her: Ich bin überzeugt, dass Bach auf die Instrumente seiner Zeit gepfiffen hätte, wenn er moderne hätte haben können. Er war diesbezüglich absolut kein Traditionalist, sondern hat zum Beispiel mit Begeisterung die von Silbermann gebauten Instrumente ausprobiert und gespielt. Sorry, Herr Harnoncourt: Deine Original-Orchester klingen mir zu "dumpf") und von einem Dirigenten gepinselt, der nicht meint,  dass man Bach um des "ernsten Themas" willen wie einen Trauermarsch zelebrieren muss.

Doch wie auch immer: Die h-moll Messe ist für mich das Musikstück, das ich, wenn ich wüsste, dass ich nur noch eines in diesem Leben hören kann, haben wollte. Und wenn ich mich innerhalb der h-moll Messe entscheiden müsste, wäre es das "et resurexit". In ihm verkörpert sich mein Glaubensempfinden, es steht mit seiner strahlenden Fuge für die große Botschaft: "Er ist auferstanden.". Doch weit über das religiöse Empfinden hinaus ist es einfach ein großartiges Stück Musik.

2. Noch einmal Johann Sebastian Bach: Die Orchestersuiten BWV 1066-1069
Die CD dazu: Bach Orchester Suiten von der Academy in St. Martins of the fields
Barocke Pracht, Lebensfreude und Sinnlichkeit - das sind für mich die Bach'schen Orchestersuiten. Dabei sind sie aber - zumindest meiner Meinung nach - ganz Bach insofern, dass der Klangteppich, der da gewebt wird (okay, ich gebe es zu: Ich liebe Polyphonie), immer transparent bleibt, dass die Soloflöte in der h-moll Suite silbern und leicht klingt, dass die Streicher süßen Wohlklang auf dem festen Fundament des Basso Continuo entfalten dürfen - und ja, ich gerate ins Schwärmen.

3. Carl Maria von Weber: Konzert für Fagott und Orchester F-Dur, op.75
Das steht in der Version Weber Fagottkonzert mit Klaus Thunemann in meinem Regal - und mit Klaus Thunemann kann man so wenig etwas falsch machen wie mit Sir Neville Mariner.
Das Weber-Fagottkonzert liegt mir als ehemaliger Fagottistin natürlich besonders am Herzen. Ich hab's mit Freude gespielt, ich höre es immer wieder gerne und ja, ich bevorzuge es sogar gegenüber dem Mozart'schen Fagottkonzert, das auch schön ist, aber in dem meines Erachtens das Instrument nicht so ausgereizt wird wie bei Weber.

4. Und nun zu etwas ganz anderem: "That's what friends are for" von Dionne Warwick
Damit nicht der Eindruck entsteht, dass ich nur Klassik höre und alles, was nach 1900 geschrieben wurde, ignoriere: Manchmal darf's ruhig auch ein bisschen "popig" sein - und wenn ich in die Richtung marschiere, ist das einer meiner absoluten Lieblingssongs.

5. Weil ich schon dabei bin: "We are the champions" von Queen
Ich kann nicht singen. Ich habe es zwar einstmals gelernt, aber mir dann eine Stimmbandentzündung zugezogen, die ein angeschlagenes Stimmband hinterlassen hat. Nun klappt's nicht mehr mit der Kontrolle meiner Singstimme. Manchmal aber, wenn ich mit dem dicken Schimmel im Wald unterwegs bin und er mir wieder mal zeigt, was für ein großartiges Pferd er ist, kann ich nicht anders: Dann singe ich - so laut ich kann (was nicht sehr laut ist. Es muss also niemand die armen Rehlein bedauern) - "We are the champions". Dem dicken Schimmel gefällt's, obwohl ich nur jeden dritten Ton treffe. Er spielt dann vergnügt mit den Ohren und begleitet mich mit Brummen und Schnauben.

6. Zurück zur Klassik: Georg Friedrich Händel, "Dettinger Te Deum"
Und noch einmal zum Reinhören: Dettinger Te Deum. Ich war, glaube ich, 12 oder 13 Jahre alt, als mein Schulchor das "Dettinger Te Deum" einstudierte und aufführte. Und so doof man als Teenager sein kann: Es war mir nicht peinlich, als ich beim ersten großen Choreinsatz, dem fünfstimmigen "We praise Thee", sah, dass mein Großvater in der dritten Reihe Tränen in den Augen hatte.
Händel gilt nicht zu Unrecht als der "Großmeister" der barocken Pracht. "Plakativer" und wohl auch weltlicher als Bach, zelebrierte er die Sinnenfreude seiner Zeit mit großen Bläserchören und Chören, die von der kunstvoll feinen Fuge bis zum großen Unisono-Akkord das ganze Spektrum abdecken. Händel macht Laune - und zudem kann ich mit ihm den Professor so schön ärgern. Immer, wenn er sich darüber amüsiert, dass "sein" Shakespeare einer der meist gespielten Autoren auf deutschen Bühnen ist und mich damit ärgern will, dass wir Deutschen so einen Großen eben nicht zu bieten hätten, feuere ich zurück, dass Englands größter Komponist wohl der in der Westminster Abbey begrabene George Frederic Handel (so schreiben sie ihn gerne) war - und den haben sie ja wohl aus Deutschland importiert, nicht?

7. Wolfgang Amadeus Mozart: Le Nozze de Figaro
Ich gestehe, kein großer Opernfan zu sein. Ich kann sehr gut ohne Wagner leben (um ganz ehrlich zu sein: Gesungen halte ich ihn eh nicht aus), ich muss auch nicht dauernd Verdi hören (obgleich ich den "Rigoletto" und den "Don Carlos" durchaus mag), mit den modernen kann man mich sowieso jagen und die Barockoper muss für mich nicht szenisch daher kommen. Dennoch gibt es eine Oper, die ich sehr, sehr liebe: Mozarts Figaro. Ich lächle, wenn der Cherubino seine Liebesverwirrungen beschreibt, grinse extrabreit, wenn Figaro sich darüber freut, dass der freche Bengel zu den Soldaten geschickt wird, leide mit der Gräfin, wenn sie die Fremdgeherei ihres Grafen beklagt (und ärgere mich übrigens jedesmal, wenn der als totaler Kotzbrocken dargestellt wird. Etwas liebenswertes muss er doch haben, sonst würde seine Gräfin doch nicht so hinter ihm herjammern!) und schmelze schließlich dahin, wenn er im Finale auf die Knie geht und sie mit "Pace, pace, mio dolce tesoro" um Verzeihung bittet (dabei weiß ich auch, dass er schon morgen wieder ein Bauernmädchen flachlegen wird). Figaro ist einfach schön und würde darum für die einsame Insel ebenfalls eingepackt.

8. Gabriel Faure, Pelleas et Melisande
Einfach mal ins Prelude reinhören: Pelleas et Melisande
Ist das nicht wunderschön? Faure gehört für mich zu den am meisten unterschätzten Komponisten. Ich habe ihn über seine Orgelwerke und das "Requiem" kennen gelernt und mich dann in seine wunderschöne, schwebend leichte, romantische Orchestermusik verliebt.

Und damit wäre ich schon fast durch, aber ich hoffe doch, mir würde noch eine CD für die einsame Insel erlaubt:

9. Felix Mendelsohn-Bartholdy, Elias, op.70
Noch einmal geistliche Musik und noch einmal ein Werk, das mit meinem Glauben zu tun hat. Im "Elias" steckt eines der tröstendesten Stücke, die ich kenne: Das "Fürchte Dich nicht" im zweiten Teil (Elias). Es hat meiner Mutter und mir viel bedeutet und ich erinnere mich, wie wir einst, als wir in der Stiftskirche den Elias das erste Mal gehört haben, im gleichen Moment nach der Hand der anderen gefasst haben. Ich meine noch heute, ihre kalte Hand in meiner zu spüren und bewahre diesen Moment der Nähe als eine ganz wichtige, wertvolle Erinnerung. Im Gedanken darum, was auch ihr dieser Chor bedeutet hat, habe ich ihn bei ihrer Trauerfeier spielen lassen. Und ich hoffe, dass die, die einst meine zu gestalten haben, ihn dort ebenfalls erklingen lassen.